leitlinie

NVL - Subakuter Kreuzschmerz

6 bis 12 Wochen
anhaltende Kreuzschmerzen

pfeilHochkant

Check

  • Bei einem erhöhten Chronifizierungsrisiko soll ein multidisziplinäres Assessment bereits nach sechs Wochen durchgeführt werden.
  • Multidisziplinäres Assessment: Umfassende und ganzheitliche Erfassung der Beschwerden, Gewichtung der Ergebnisse in einer multidisziplinären Fallkonferenz und Berücksichtigung dieser Ergebnisse für die weitere diagnostische und therapeutische Planung.
  • Bei Patienten mit anhaltenden aktivitäts-einschränkenden oder progredienten Kreuzschmerzen (nach vier bis sechs Wochen) trotz leitliniengerechter Therapie soll die Indikation für eine bildgebende Diagnostik überprüft werden.
  • Bildgebende Verfahren sind indiziert, wenn Hinweise auf gefährliche Verläufe oder andere ernstzunehmende Pathologien in Anamnese und körperlicher Untersuchung vorhanden sind.

 

Mehr Infos: Nachschlagen – Bildgebende Verfahren bei nicht-spezifischen Kreuzschmerzen

pfeilHochkant

Ausschluss spezifischer Ursachen

  • Nach vier bis sechs Wochen Schmerzdauer wird der Suche nach einer spezifischen somatischen Ursache klinisch mehr Gewicht beigemessen als bei der Erstvorstellung.
  • Wichtig: Immer zunächst im Einzelfall prüfen, ob andere Risikofaktoren oder die individuelle Krankengeschichte die Symptomatik und den Verlauf hinreichend erklären können.

Ausstrahlungen der Schmerzen ins Bein können Hinweise auf eine radikuläre Symptomatik sein.

Empfohlen wird:

 

  • eine ergänzende Anamnese:
    • Seit Beginn der Schmerzsymptomatik bestehende muskuläre Schwäche?
    • Gefühlsstörungen in den Beinen und Blasen- und/oder Mastdarmlähmung/-entleerungsstörung?

 

  • neurologische Basisdiagnostik:
    • Untersuchung der Muskelkraft zum Nachweis von Paresen:

      • Dorsalflexion (Extension) der Großzehe (L5);
      • Dorsalflexion des Fußes im Sprunggelenk (L4 und L5);
      • Plantarflexion des Fußes im Sprunggelenk (S1);
      • Knieextension (L2 bis L4);
      • Hüftadduktion und Hüftflexion gegen Widerstand (Knieextension entspricht L4-Kennmuskeln, Hüftadduktion entspricht L3, Hüftflexion L1 bis L2).

      Zur genauen Beurteilung der Kraft wird die Kraftgradskala verwendet, die sich von anderen gängigen manuellen Kraftbeurteilungen nicht wesentlich unterscheidet. Die Einteilung erfordert Übung zur Standardisierung. Schmerzbedingte Verfälschungen sind möglich.

      • 0 Keine Muskelkontraktion nachweisbar;
      • 1 Fühlbare Muskelspannung ohne Bewegung im Gelenk;
      • 2 Aktive Bewegung ist nur bei Aufhebung der Schwerkraft möglich;
      • 3 Aktive Bewegung ist gegen Schwerkraft möglich;
      • 4 Aktive Bewegung ist gegen Schwerkraft und leichten Widerstand möglich;
      • 5 Normale Muskelkraft.

 

      • Sensibilitätsprüfung durch Bestreichen der Haut an der gesamten unteren Extremität und im Gesäßbereich:



 

      • Untersuchung der Muskeleigenreflexe:

        • Achillessehnenreflex (ASR): Ausfall/Abschwächung spricht für eine Schädigung der Wurzel S1;
        • Patellarsehnenreflex (PSR): Ausfall/Abschwächung spricht für eine Schädigung der Wurzel L2 bis L4;
        • Überprüfung des Babinski-Reflexes zur Abgrenzung von zentralen Läsionen.

In dem Fall werden Kreuzschmerzen durch benachbarte Organe ausgelöst, die nicht unmittelbar zu den knöchernen, muskulären oder diskoligamentären Strukturen der Wirbelsäule gehören:

 

  • abdominelle und viszerale Prozesse, z. B. Cholezystitis, Pankreatitis;
  • Gefäßveränderungen, z. B. Aortenaneurysmen;
  • gynäkologische Ursachen, z. B. Endometriose;
  • urologische Ursachen, z. B. Urolithiasis, Nierentumore, perinephritische Abszesse;
  • neurologische Erkrankungen, z. B. Polyneuropathien;
  • psychosomatische und psychiatrische Erkrankungen.

Red flags sind Warnhinweise, die auf eine spezifische Ursache hinweisen.

 

  • Fraktur/Osteoporose

    • schwerwiegendes Trauma;
    • Bagatelltrauma (z. B. Husten, Niesen oder schweres Heben) bei älteren oder potentiellen Osteoporosepatienten;
    • systemische Steroidtherapie. 
  • Infektion

    • allgemeine Symptome, wie kürzlich aufgetretenes Fieber oder Schüttelfrost;
    • Appetitlosigkeit, rasche Ermüdbarkeit;
    • durchgemachte bakterielle Infektion;
    • Drogenabusus;
    • Immunsuppression;
    • konsumierende Grunderkrankungen;
    • kürzlich zurückliegende Infiltrationsbehandlung an der Wirbelsäule. 
  • Radikulopathien/Neuropathien

    • bei jüngerem Lebensalter eher Bandscheibenvorfall als Ursache der Wurzelkompression;
    • ausstrahlende Schmerzen, ggf. verbunden mit Gefühlsstörungen wie Taubheitsgefühlen, Kribbelparästhesien oder Schwächegefühl;
    • Kaudasyndrom: plötzlich einsetzende Blasen-/Mastdarmstörung, z. B. Harnverhalt, vermehrtes Wasserlassen, Inkontinenz;
    • Gefühlsstörung perianal/perineal;
    • ausgeprägtes oder zunehmendes neurologisches Defizit (Lähmung, Sensibilitätsstörung) der unteren Extremität;
    • Nachlassen des Schmerzes und zunehmende Lähmung bis zum kompletten Funktionsverlust des Kennmuskels (Nervenwurzeltod).
  • Tumor/Metastasen

    • höheres Alter;
    • Tumorleiden in der Vorgeschichte;
    • allgemeine Symptome: Gewichtsverlust, Appetitlosigkeit, rasche Ermüdbarkeit;
    • Schmerz, der in Rückenlage zunimmt;
    • starker nächtlicher Schmerz.
  • Axiale Spondyloarthritis

    • länger anhaltende Kreuzschmerzen (> 12 Wochen) und Beginn vor dem 45. Lebensjahr
    • schleichender Beginn der Schmerzen;
    • Morgensteifigkeit (≥ 30 Minuten);
    • Verbesserung der Kreuzschmerzen durch Bewegung, nicht in Ruhe;
    • schmerzbedingtes frühmorgendliches/nächtliches Erwachen;
    • alternierender Gesäßschmerz;
    • zunehmende Steifheit der Wirbelsäule;
    • begleitende periphere Arthritis, Enthesitis, Uveitis;
    • bekannte Psoriasis, entzündliche Darmerkrankung.
    • Axiale Spondyloarthritis

      • länger anhaltende Kreuzschmerzen (> 12 Wochen) und Beginn vor dem 45. Lebensjahr
      • schleichender Beginn der Schmerzen;
      • Morgensteifigkeit (≥ 30 Minuten);
      • Verbesserung der Kreuzschmerzen durch Bewegung, nicht in Ruhe;
      • schmerzbedingtes frühmorgendliches/nächtliches Erwachen;
      • alternierender Gesäßschmerz;
      • zunehmende Steifheit der Wirbelsäule;
      • begleitende periphere Arthritis, Enthesitis, Uveitis;
      • bekannte Psoriasis, entzündliche Darmerkrankung.

    • Bandscheibenprolaps

      Bandscheibenvorfälle im Bereich der Lendenwirbelsäule sind die Hauptursache für Ischialgien, die vom Bein bis in den Fuß ausstrahlen können. Die Prävalenz symptomatischer Bandscheibenvorfälle im Bereich der Lendenwirbelsäule beträgt etwa 0,2 bis 0,5%. Meist treten die Beschwerden im unteren Rücken nach akuter Belastung auf, während die ausstrahlenden Schmerzen im Regelfall nach einer gewissen Zeit auftreten. Klinisch können sich ein positives Lasègue-Zeichen sowie Änderungen der Sensibilität, Muskelkraft oder Reflexe zeigen. Je nach Verlauf ist ggf. eine bildgebende Diagnostik indiziert (MRT besitzt in dieser Fragestellung die höchste Sensitivität).
      Bei den meisten Menschen heilt ein Bandscheibenvorfall von alleine aus. Eine Aufrechterhaltung der Aktivität wird empfohlen. Eine Operation ist in den seltensten Fällen nötig. Langfristig werden durch eine Operation keine besseren Ergebnisse erzielt als durch die konservative Therapie. Bei Patienten mit sehr starken Schmerzen kann eine Operation die Heilung aber beschleunigen. Sollten sich die Schmerzen innerhalb einiger Wochen/Monate nicht verbessern, aufgrund der Intensität mit Opiaten behandelt werden müssen und/oder gleichzeitig zunehmende Lähmungserscheinungen auftreten, muss zeitnah eine Operation erwogen werden.

      zum NVL-Kapitel: Anhaltspunkte für Bandscheibenprolaps

      zum Clinical Pathway Lumbale Radikulopathie

    • Fraktur

      • schwerwiegendes Trauma;
      • Bagatelltrauma (z. B. Husten, Niesen oder schweres Heben) bei älteren oder potentiellen Osteoporosepatienten;
      • systemische Steroidtherapie.

    • Infektionen

      • allgemeine Symptome, wie kürzlich aufgetretenes Fieber oder Schüttelfrost;
      • Appetitlosigkeit, rasche Ermüdbarkeit;
      • durchgemachte bakterielle Infektion;
      • Drogenabusus;
      • Immunsuppression;
      • konsumierende Grunderkrankungen;
      • kürzlich zurückliegende Infiltrationsbehandlung an der Wirbelsäule.

    • Kaudasyndrom

      Das Kaudasyndrom wird durch eine Schädigung der Nerven im unteren Rücken verursacht und ist häufig mit einem Bandscheibenvorfall assoziiert. Es handelt sich um einen medialen Bandscheibenvorfall oder Sequester, der auf den Conus medullaris oder die Cauda equina drückt (Ausfälle S2 bis S4). Durch Verschiebung können Bandscheiben die Nervenfasern reizen und komprimieren. Symptome sind Sensibilitätsstörungen und Lähmungen in Beinen oder Gesäßbereich (beidseitig ausstrahlende Schmerzen und Sensibilitätsstörungen im Reithosenbereich, Sphinktertonus und Analsphinkterreflex abgeschwächt). Des Weiteren kann eine Blasen- und Mastdarmlähmungen bis hin zur vollständigen Harn- oder Stuhlinkontinenz (Blasenlähmung mit Harnverhalt und im weiteren Verlauf Überlaufinkontinenz) auftreten. Sind diese Symptome vorhanden, ist eine sofortige operative Behandlung notwendig. Mögliche Ursachen eines Kaudasyndroms sind Lendenwirbelsäulen-Fraktur, medialer Bandscheibenvorfall, Rückenmarkstumor oder Infektion mit humanem Herpesvirus 6.

      zum NVL-Kapitel: Anhaltspunkte für Kaudasyndrom

    • Scheuermann-Krankheit

      Die Scheuermann-Krankheit ist eine Wachstumsstörung der Rückenwirbel. Dabei wächst der hintere Teil der Wirbel stärker als der vordere. Die Keilform mit Abflachung nach vorne bewirkt im Bereich der Brustwirbelsäule einen Rundrücken, im Bereich der Lendenwirbelsäule einen Flachrücken.
      Die meisten Patienten kommen nicht aufgrund von Schmerzen in die Sprechstunde, sondern weil sie über eine „schlechte Haltung“ oder einen Rundrücken klagen. Manchmal jedoch kann es bei oder nach einer sportlichen Aktivität zur verstärkten Ermüdung und Schmerzen im betroffenen Bereich des Rückens kommen. In Ruhe lassen die Schmerzen nach.
      Die Erkrankung schreitet während des Wachstums über einige Jahre fort und kommt dann zum Stillstand. Zu diesem Zeitpunkt treten meist keine Schmerzen und Beschwerden mehr auf, aber die veränderte Form der Wirbelsäule bleibt bestehen.
      Sehr selten werden Nerven, die dem betroffenen Bereich der Wirbelsäule entspringen, eingeklemmt, wodurch es zu Schmerzen, Empfindungsstörungen oder Funktionsstörungen bestimmter Muskelgruppen kommen kann.

    • Skoliose

      Bei der dreidimensionalen Achsenabweichung liegen einzelne Wirbel vertikal und horizontal rotiert aufeinander und verursachen dadurch eine Krümmung von mindestens 10 Grad. Von idiopathischer Skoliose spricht man, wenn keine klare Ursache vorliegt. Die Prävalenz steigt mit zunehmendem Alter an, d. h. die idiopathische Skoliose verursacht selten Schmerzen im Kindes- und Jugendalter, öfters jedoch bei Erwachsenen. Sie zeigt sich meist erstmals durch einen sogenannten Rippenbuckel, eine Lendenwulst oder durch eine Asymmetrie (Höhenunterschiede) in Schultern, Brust oder Becken. Bei Erwachsenen kann eine Skoliose zu Atembeschwerden führen.
      Kongenitale Skoliosen sind auf Fehlformationen bzw. Fehlsegmentierungen der Wirbelkörper, neuromuskuläre Skoliosen auf ein muskuläres Ungleichgewicht zurückzuführen.
      Die Entstehung einer Skoliose lässt sich nicht verhindern. Der Fokus liegt deswegen auf dem frühzeitigen Erkennen der Krankheit, um zeitnah eine Therapie zu beginnen.

      zur internationalen Leitlinie SOSORT

    • Spinalkanalstenose

      Bei einer Spinal(kanal)stenose ist der Wirbelkanal verengt und dadurch der Raum für Nerven und Gefäße limitiert. Es handelt sich um eine relativ seltene Erkrankung, die meist bei über 65-jährigen Menschen vorkommt. In der Altersgruppe über 65 Jahre beträgt die Prävalenz von Spinalstenosen laut älteren Studien 1,7 bis 6%. Ein Bandscheibenvorfall oder eine Degeneration der Bandscheibe können ursächlich sein für eine Einengung des Spinalkanals. Das Hauptsymptom sind Rückenschmerzen oder Beschwerden beim Gehen oder Stehen, die ins Gesäß, in die Ober- und Unterschenkel oder Füße ausstrahlen (neurogene Claudicatio intermittens). Die Schmerzen im Bein können durch Missempfindungen, einer Schwäche und einem Schweregefühl der Beine begleitet werden, die zu einer verkürzten Gehstrecke führen. Durch eine Entlordosierung (z. B. durch Sitzen oder Stehen mit vorgebeugtem Oberkörper) kann eine Symptomlinderung geschaffen werden. Meist reicht eine konservative Behandlung aus. In Ausnahmefällen kann eine Operation erfolgen, wobei die Mikrodekompression zu präferieren ist.

      zum NVL-Kapitel: Invasive Therapie

      zum Clinical Pathway Lumbale Radikolupathie

    • Spondylolyse

      Eine Spondylolyse beschreibt eine Spaltbildung zwischen den Wirbelkörpern (zwischen oberem und unterem Gelenkfortsatz). Diese tritt meist im unteren Rücken auf. Ursachen hierfür sind Fehlbildungen (dysontogenetisch), Tumore, Verletzungen oder iatrogen (nach operativem Eingriff). Eine Spondylolyse kann zur Spondylolisthesis führen, die durch das nach vorne Gleiten eines Wirbels in Relation zum angrenzenden tiefer liegenden Wirbel gekennzeichnet ist.
      Patienten mit Spondylolyse oder Spondylolisthesis klagen über tiefe lumbale Rückenschmerzen, zum Teil mit ausstrahlenden Schmerzen. Oft werden die Schmerzen im Liegen, im Sitzen und in gebeugter Rückenposition besser. Manche Betroffene haben jedoch keine Schmerzen. Bei vorliegender Symptomatik ist eine klinisch-radiologische Diagnostik gerechtfertigt.

      zum NVL-Kapitel: Definition, Epidemiologie und sozioökonomische Bedeutung

    • Spondylarthrose

      Die Spondylarthrose ist eine ossäre Reaktion des Wirbelkörpers auf degenerative Bandscheibenveränderungen. Sie ist asymptomatisch, ein rein radiologischer Befund und keine Krankheit im engeren Sinn. Eine Spondylose kommt überwiegend bei Personen über 40 Jahre vor und es finden sich dabei knöcherne Randanbauten (Osteophyten) entlang der vorderen und seitlichen oberen und unteren Wirbelkörperkanten. Funktionsbeeinträchtigungen können als Folge auftreten, wenn es zur Beeinträchtigung neuronaler Strukturen kommt, etwa bei einer Wurzelkompression durch Höhenminderung der Wirbelzwischenräume oder wenn die Beweglichkeit durch die knöchernen Anbauten in einem oder mehreren Segmenten reduziert oder aufgehoben (Spondylodese) ist.
      Die Spondylarthrose (Synonym: Facettensyndrom) ist ein lokaler lumbaler Kreuzschmerz, der durch eine Veränderung der Wirbelgelenke eines oder mehrerer Bewegungssegmente ausgelöst wird. Als mögliche Ursachen der Erkrankung gelten eine degenerative Veränderung des Facettengelenkes, eine lumbale Hyperlordose oder eine insuffiziente muskuläre Stabilisierung. Des Weiteren können entzündliche Arthritiden, akute und chronische Infekte sowie Traumen für die Entstehung verantwortlich sein. Die Therapie ist in der Regel konservativ.

      zum NVL-Kapitel: Invasive Therapie

    • Tumore

      • höheres Alter;
      • Tumorleiden in der Vorgeschichte;
      • allgemeine Symptome: Gewichtsverlust, Appetitlosigkeit, rasche Ermüdbarkeit;
      • Schmerz, der in Rückenlage zunimmt;
      • starker nächtlicher Schmerz.

Mehr Infos: Nachschlagen – Weiterführende Diagnostik

pfeilHochkant

Liegen Hinweise auf spezifische Ursachen vor?

Pfeil

Ausschluss psychosozialer & arbeitsplatzbezogener Risikofaktoren

  • Psychosoziale und arbeitsplatzbezogene Risikofaktoren sollten von Beginn der Kreuzschmerzen an und im Behandlungsverlauf berücksichtigt werden.
  • Sprechen Sie das Chronifizierungsrisiko direkt an. Merkmale, die primär schmerzunabhängig sind (Depressivität, geringe Zufriedenheit am Arbeitsplatz), lassen sich bereits beim ersten Arzt-Patienten-Kontakt aufgrund von akuten Kreuzschmerzen erfassen.
  • Depressivität, Distress (negativer Stress, vor allem berufs-/arbeitsplatzbezogen);
  • schmerzbezogene Kognitionen: Katastrophisieren, Hoffnungslosigkeit;
  • passives Schmerzverhalten: z. B. ausgeprägtes Schon- und Angstvermeidungsverhalten;
  • überaktives Schmerzverhalten, suppressives Schmerzverhalten;
  • schmerzbezogene Kognitionen: Gedankenunterdrückung;
  • Neigung zur Somatisierung.

 

Mehr Infos: Nachschlagen – Risikofaktoren für eine Chronifizierung akuter Kreuzschmerzen

  • überwiegend körperliche Schwerarbeit (Tragen, Heben schwerer Lasten);
  • überwiegend monotone Körperhaltung;
  • überwiegend Vibrationsexposition;
  • geringe berufliche Qualifikation;
  • geringer Einfluss auf die Arbeitsgestaltung;
  • geringe soziale Unterstützung;
  • berufliche Unzufriedenheit;
  • Verlust des Arbeitsplatzes;
  • chronischer Arbeitskonflikt (Mobbing);
  • eigene negative Erwartung hinsichtlich der Rückkehr an den Arbeitsplatz;
  • Angst vor erneuter Schädigung am Arbeitsplatz.

 

Mehr Infos: Nachschlagen – Risikofaktoren für eine Chronifizierung akuter Kreuzschmerzen

ja

Weitere Abklärung und ggf. Überweisung zum Facharzt

Nach vier bis sechs Wochen werden bei Verdacht auf eine spezifische Ursache der Kreuzschmerzen neben weiterer Bildgebung auch ggf. weitere Fachdisziplinen (Neurologie, Neurochirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie, physikalische und rehabilitative Medizin, Rheumatologie, Radiologie sowie Arbeitsmedizin) miteinbezogen.

pfeilHochkant

Liegen Hinweise auf psychosoziale & arbeitsplatzbezogene Risikofaktoren vor?

Pfeil

Anhaltender Kreuzschmerz ohne psychosoziale/arbeitsplatzbezogene Risikofaktoren

Zurückhaltende Maßnahmen

  • Berücksichtigung: Schmerzstärke, funktionelle Beeinträchtigung, Komorbidität, Behandlungswunsch;
  • Überprüfung und Ergänzung/Intensivierung der Therapie;
  • Ggf. fachärztliche Mitbetreuung zur Therapieoptimierung;
  • Ggf. abwartendes Verhalten, Fortsetzen der symptomorientierten Basistherapie;
  • Ggf. begleitende nicht-medikamentöse Therapie.

Anhaltend > 12 Wochen

pfeilHochkant
ja

Anhaltender Kreuzschmerz mit psychosozialen/arbeitsplatzbezogenen Risikofaktoren

Proaktive Maßnahmen

  • Aufklärung beinhaltet eine Beratung zu geeigneten Formen der Schmerzverarbeitung im Alltag sowie dem Abbau von Distress, unter Berücksichtigung problematischer Denk- oder Verhaltensmuster.
  • Weiterhin Aufklärung über Aufrechterhalten körperlicher Aktivitäten und Vermeidung von Schonverhalten.
  • Überprüfung Möglichkeiten der psychologischen Mitbehandlung.

 

Mehr Infos: Nachschlagen – Therapie

  • Bei unzureichendem Heilungsverlauf oder Einschränkungen der Funktionsfähigkeit kann Bewegungstherapie in Kombination mit Verhaltenstherapie möglicherweise zu positiven Effekten führen.
  • Diese Therapieintensivierung kann durch geschulte Physiotherapeuten erzielt werden.
  • Psychologische Interventionen können als Teil eines Behandlungspaketes mit Bewegung sinnvoll sein.
  • Multimodale Behandlungsprogramme sollen nur angewandt werden, wenn weniger intensive evidenzbasierte Therapieverfahren unzureichend wirksam waren. Eine multimodale Behandlung setzt grundsätzlich voraus, dass spezifische Störungen der Körperstrukturen mit dringendem Behandlungsbedarf („red flags”) ausgeschlossen wurden.
  • Medikamente sind allgemein nicht das erste Mittel der Wahl; falls dennoch erforderlich (z. B. bei starken Schmerzen), dann orale Gabe von nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) mit niedrigster wirksamer Dosierung und so kurzzeitig wie möglich.

 

Mehr Infos: Nachschlagen – Therapie

  • Gerade bei Patienten mit erhöhtem Chronifizierungsrisiko und niedrigerem sozioökonomischen Status ist eine Informationsvermittlung, z. B. durch den behandelnden Arzt unverzichtbar.
  • Die Inhalte können sehr vielseitig sein und reichen von der Wissensvermittlung bis hin zu Techniken zur Verhaltensänderung.
  • Dabei sollten vor allem folgende Ziele verfolgt werden: dauerhafte Motivation zur regelmäßigen körperlichen Aktivität, Stärkung der Eigeninitiative der Patienten und Abbau von Ängsten.

 

Mehr Infos: Nachschlagen – Prävention

Anhaltend > 6 Wochen

pfeilHochkant

Chenot JF, Greitemann B, Kladny B, Petzke F, Pfingsten M, Schorr SG: Clinical practice guideline: Non-specific low back pain. Dtsch Arztebl Int 2017; 114: 883–90. DOI: 10.3238/arztebl.2017.0883. https://www.aerzteblatt.de/archiv/195478/Nichtspezifischer-Kreuzschmerz

 

Bundesärztekammer (BÄK), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Nationale VersorgungsLeitlinie Nicht-spezifischer Kreuzschmerz – Langfassung, 2. Auflage. Version 1. 2017 [cited: 2018-04-06]. DOI: 10.6101/AZQ/000353. www.kreuzschmerz.versorgungsleitlinien.de